Sonstige Staaten – Kraftfahrzeuge bis 1945

Argentinien:

Argentinien hatte 1938 einen Bestand von 264.000 Kraftfahrzeugen, also doppelt so viele wie Spanien oder die Tschecho-Slowakei. Ein  Kraftfahrzeug entfiel auf 47 Einwohner, also ähnlich wie im Deutschen Reich. Damit wäre ein genügend großer inländischer Absatzmarkt für den Aufbau einer eigenen Kraftfahrzeugindustrie vorhanden gewesen. Gleichwohl entstand eine landeseigene Kraftfahrzeugindustrie erst allmählich in den Fünfzigerjahren und beschränkt sich bis heute auf den Nachbau ausländischer Modelle.
1911 begann der Ingenieur Anasagasti in Buenos Aires mit dem Bau eines Automobils unter Verwendung französischer Einzelteile – der Motor war ein 12 CV Ballot; Amerikaner würden von „collected car“ sprechen.
Das Auto ging ab 1912 in Serie, der Vierzylinder-Ballot-Motor (75 x 120 mm = 2.125 ccm) wurde bald durch ein ähnliches Fabrikat von Pickert-Janvier ersetzt. Mit Kriegsausbruch 1914 hörte die Lieferung von französischen Teilen auf, und infolgedessen stellte Anasagasti irgendwann 1915 den Automobilbau ein – insgesamt sollen ca. 30 Autos gebaut worden sein (Beaulieu Enc., Stichwort „Anasagasti“), andere Quellen sprechen von 50 Stück (www.autopasion 18 u.a.) oder gar 100 Stück (www.autohistoria.com.ar.).

Seit 1934 produzierte die Firma HAFDASA (Hispano-Argentina Fabrica de Automoviles SA) in Buenos Aires, eher bekannt durch ihre Waffenherstellung, vor allem Dieselmotoren und baute sie in diverse LKW ein, und zwar folgende Typen:
D1: 4 Zylinder, 75 PS
D2: V6, 95 PS
D3: V6, 150 PS.
1938 entstand ein LKW 6×6 „Criollo Grande“ aus dem ab 1938 erworbenen Thornycroft Amazon mit Motor D3 für die Armee, der entweder ein Prototyp blieb oder nach anderer Quelle 1938 bis 1942 in Serie (wieviele?) gebaut wurde. Hierbei bleibt offen, ob nur in vorhandene Thornycroft LKW neue Dieselmotoren von HAFDASA eingebaut wurden.
Das Gegenstück war „Criollo Chico“, ein 4×4-LKW mit dem Motor D2, Baujahr und Anzahl unbekannt.
Die entworfenen PKW (eine große Limousine für Repräsentationszwecke mit dem oben erwähnten Diesel-Motor D2 oder D3 und ein möglicherweise vom DKW inspirierter Kleinwagen mit Zweizylinder-Zweitakt-Motor mit 70 x 70 mm Bohrung x Hub) scheinen in jedem Falle Einzelexemplare geblieben zu sein. Der irgendwo behauptete Lizenzbau des Hispano-Suiza H6 ist nicht nachweisbar.

Das einzige sicher in Serie gebaute Fahrzeug ist der dem amerikanischen „Sherman“ nachempfundene Panzer Nahuel:35 to Gewicht, Motor ein in Argentinien in Lizenz gebauter Lorraine-Dietrich-Flugzeugmotor E12b, 12Zyl.-W-Motor mit Zylindermaßen 120 x 180 mm und 500 PS, Hauptbewaffnung die ebenfalls mit im Lande gebaute 75mm-Krupp-Kanone Modell 1909. Hiervon entstanden 1943 (oder ab 1943?) 12 oder 16 Stück.

Bei cocheargentino.com.ar gibt es zu den meisten Fahrzeugen technische Angaben, wie Zylinder, PS, Hubraum oder Radstand.
Auch Fahrzeugstückzahlen sind dort oft erwähnt und passen meistens mit den Gesamtstückzahlen der ADEFA überein, so daß man von einer recht zuverlässigen Quelle ausgehen kann.

Brasilien:

In Sao Paulo, ab 1929 in Sao Caetano do Sul bestand seit 1925 ein Montagewerk von General Motors (GM), in dem PKW und leichte LKW von Chevrolet montiert wurden. Der Umfang dieser Montage war sehr beträchtlich: 1925 bis 1928 fünfzigtausend, bis 1932 weitere fünfzigtausend Stück.
Das erste vollständig in Brasilien gebaute Kraftfahrzeug war der Romi-Isetta von 1956.

Bulgarien:

In Bulgarien gab es bis 1945 keine eigene Automobilindustrie. Eine Montage von Moskwitsch und Renault gibt es erst seit den Sechzigerjahren.

China bzw. Mandschuko:

In Schenjang = Mukden, Mandschurei versuchte ein Amerikaner namens Myers Ende der Zwanzigerjahre, eine LKW-Produktion zu beginnen. Der Prototyp wurde, als die Japaner 1931 die Mndschurei besetzten, zerstört.

In der 1931 unabhängig gewordenen Mandschurei sollten in der Hauptstadt Mukden (heute Schen-Jang) 180 LKW eines nicht näher spezifizierten amerikanischen Zweitonner-Typs ab 1931 produziert (oder montiert?) werden (The Automobile 3/1986 S.61). Ob und inwieweit diese Pläne in die Tat umgesetzt wurden, bleibt offen.
Fest steht lediglich, daß die Japaner in der ebenfalls in Mandschuko gelegenen Stadt Harbin ab Ende der Dreißigerjahre eine Flugzeugproduktion betrieben, und daß in Chang-Chun (auch Mandschurei) 1957 das älteste nachgewiesene chinesische Automobilfabrik (Hong-Qi) errichtet wurde, die Mandschurei also schon früh das am besten produktionstechnisch entwickelte Gebiet Chinas war.
Der chinesische Ingenieur Tang Zhongming entwickelte ab 1932 mit Holzgas oder Holzkohle betriebene Automobile in Schanghai (meist LKW). Diese LKW scheinen nicht in Serie hergestellt worden zu sein.

Literatur: wikipedia: Automotive Industry in China

Indien: Siehe Australien

Irland:

Soweit es vor der Unabhängigkeit Irlands (1922) Automobilproduktion gab, ist diese unter Großbritannien verzeichnet. Soweit ich dies überblicken kann, ist hier jedoch lediglich die Fabrik für Fordson-Traktoren in Cork (Südirland) zu nennen, die mit der Unabhängigkeit der Landes ihre Traktorenproduktion einstellte, jedoch weiterhin PKW montierte.

Im irischen Freistaat gab es die Firma Thomond in Dublin, die von 1925 bis 1933 insgesamt 4 PKW baute: Zunächst ein Auto mit 4 Zylindern und 1.750 ccm Hubraum, ferner ist für 1929 ein 12/48 HP-Wagen überliefert, möglicherweise ausgerüstet mit einem Motor Meadows 4 ED.

Great Northern Railways baute inihren Werken in Dundalk von 1937 bis 1942 in mehreren Serien 53 Eindecker-Busse, Frontlenker mit 5LW-Gardner-Motor, weitere 43 entstanden bis 1952.

Seine gepanzerten Militärfahrzeuge kaufte Irland im Ausland, bis 1939 meist in Schweden, danach in Großbritannien. Daneben entstanden einige Panzerkarossen, die auf im Ausland (oder im Inland von der zivilen Wirtschaft gebraucht) gekaufte LKW-Fahrgestelle gesetzt wurden, es waren dies: 4 Panzerwagen auf Leyland-Terrier-Fahrgestellen 1934 bis 1940, 1 Panzerwagen auf Morris-Commercial-Fahrgestell 1940, 7 auf Ford-LKW-Fahrgestell als Mk.IV und 14 ähnliche als Mk.V im Jahr 1940, 28 ähnliche Mk.VI im Jahr 1941, 1 auf gekürztem Dodge TF37-Fahrgestell im Jahr 1942 und 4 weitere 1943.

Jugoslawien:

In Jugoslawien gab es bis 1945 kaum eigene Automobilindustrie.

PKW:
Die Firma Avtomontaza in Laibach (Ljubljana) versah in den 1930er Jahren (1934 oder später) 16 Fahrgestelle des DKW Meisterklasse mit eigenen Karosserien und verkaufte sie unter dem Namen Triglav. Ein ursprünglich wohl geplanter Lizenzbau dieses Modells kam allerdings nie zustande. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Automontaza Onmibuskarosserien.
Die Fa. TAM (Tovarna Automobilow i Motorjew) in Marburg an der Drau (Maribor) hat nach einer weiteren  Quelle (Prihoda, Praga) im Jahr 1938 zehn Stück des PKW Praga Lady gebaut. Hierbei kann zumindest das Datum „1938“ nicht stimmen, da TAM erst Ende 1946 gegründet wurde und erst 1947 mit der Automobilproduktion begann. In Jugoslawien selber ist dieses Faktum unbekannt, die Behauptung daher mehr als zweifwelhaft.

LKW:
In der Rüstungsfabrik Kragujewac wurde 1927 eine militärische Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätte eingerichtet. Im Mai 1940 bestellte die jugoslawische Armee 1000 Dreitonner-LKW  der Marke Chevrolet. Deren Auslieferung begann in den folgenden Monaten, bis November 1940 wurden 504 Stück teilzerlegt im Hafen von Split angeliefert, sie entstammten vermutlich der kanadischen Produktion. Bis 5.12.1940 waren 320 Stück fertigmontiert, die Lieferung der restlichen LKW und deren Montage erfolgte anschließend. Ob und inwieweit wirklich alle 1000 bestellten LKW bis 10.4.1941 (Angriff der Achsenmächte auf Jugoslawien) geliefert und montiert wurden, bleibt unklar. In jedem Fall handelt es sich bei diesen Fahrzeugen jedoch nicht um eigenständige Produktion, sondern um Montage. Die Fabrik in Kragujewac wurde nach 1945 in „Flagge“ (serbisch: „Zastava„) umbenannt und produzierte unter diesem Namen ab  1954 diverse Fiat-Typen in Lizenz.

Die Industrija Motora Akcionarsko Drustvo (IMAD) in Rakovica, einem Vorort von Belgrad, die bereits seit einigen Jahren Flugzeugmototren hergestellt hatte, erwarb am 1.3.1939 (also kurz vor Einmarsch der Wehrmacht in der Tschechoslowakei) eine Lizenz zum Nachbau des 2,5-Tonner LKW Praga RN (6 Zyl., 3,5 Liter, 72 PS). Zum Bau dieser Fahrzeuge entstand eine neue Werkhalle, die am 24. Oktober 1940 fertiggestellt war. Gemäß Vereinbarung mit Praga wurden für die ersten 100 LKW fertige Baugruppen von Praga geliefert, sodann für weitere 100 die Fertigteile geliefert, bei den nächsten 100 Stück wurden bereits etliche Teile in Jugosölawien selber hergestellt. Die Montage dieser ersten 300 Stück war in etwa abgeschlossen, als die Achsenmächte am 10. April 1941 Jugoslawiwen angriffen. In der Folgezeit wurden noch etwa 200 LKW aus im Werk vorhandenen Restteilen, möglicherweise auch weiteren Zulieferungen von Praga gebaut. Eine eigentliche Lizenzproduktion begann erst im Oktober 1946. Die Nutzlast des Fahrzeugs war mittlerweile auf 3 Tonnen gestiegen, die Produktion wurde 1947 in das Werk TAM in Marburg an der Drau (Maribor) verlegt und lief dort bis 1961, es entstanden weitere 18.889 Stück, die auch den Namen „Pionir“ erhielten.

Lettland:

Die Firma Russo-Balt in Riga, deren Fabrikationsmaschinen 1915 nach Petersburg ausgelagert wurden, nahm 1919 den Automobilbau in Riga nicht wieder auf.

Ford errichtete ein Montagewerk in Riga, das unter dem Namen Ford-Vairogs von August 1937 bis zum Einmarsch der Russen im Juni 1940 insgesamt 322 PKW, ca. 1.100 LKW und ca. 200 Busse herstellte –  ein reiner Montage-Betrieb. Die montierten PKW-Modelle waren der Ford-Vairogs Junior von 1937-39 (=Ford Ten/GB), der Ford Taunus ab 1939 (=Ford Taunus, D.) sowie der Ford V8 mit 2229 ccm- und 3621ccm-Motor. 35 Kraftfahrzeuge wurden an die lettische Armee geliefert.

Liechtenstein:

Die Firmen Elkuch und Kaiser, eigentlich wohl Autoreparaturwerkstätten, bauten seit den Dreißigerjahren in geringem Umfang alte Autos zu Traktoren um. Nachdem es sich hierbei nur um Um-, nicht um Neubauten handelt, sind die Firmen nicht gesondert abgehandelt, sondern nur der Vollständigkeit halber bei „Schweiz, Sonstige“ mit aufgeführt.

Mandschuko: Siehe China

Neuseeland: Siehe Australien

Norwegen:

Nach der Jahrhundertwende gab es einige Firmen, die vorübergehend kurz Autos bauten:
Bjering in Gjövik: Von 1918 bis 1920 insgesamt 7 (oder 10?) Autos mit 4-Zyl.V-Motor, die 1920 gebauten mit Reihenmoptor im Heck.
Fossum in Oslo: Einzylinder-Wagen von 1906-07, 1907 auch mit luftgekühltem Zweizylinder-Motor, Anzahl unbekannt, vermutlich sehr wenige, also vielleicht 5 Stück. Nach anderer Ansicht nur ein Einzylinder und ein Zweizylinder-Fahrzeug, keine Serienproduktion.
Mustad in Oslo: Im Jahr 1916 ein Sechsrad-Geländewagen als Prototyp oder Kleinstserie: 6 Zyl., 7050 ccm. 1936-37 Kleinwagen mit sonst unbekannten Daten und in unbekannter Anzahl, möglicherweise auch hier nur ein oder mehrere Prototypen.
Norsk in Oslo: Bau von 2 Vierzylinder-PKW und 10 Einzylinder-PKW 1907 bis 1911.
Geijer in Oslo: Von 1926 bis 1930 Bau eigener Karosserien auf aus den USA importierten Fahrgestellen, 6-Zyl.-Lycoming-Motor, angeblich etwa 4 Stück pro Jahr.
Strömmen-Dodge in Strömmen: Von 1933 bis 1940  Montage von Dodge PKW, nach Linz-Schrader etwa 950 pro Jahr, nach Beaulieu Encyclopaedia etwa 800 bis 1000 pro Jahr, daneben Omnibusbau.

Portugal:

Die einzige Vorkriegs-Automobilmarke in Portugal war Edford: Ein von 1930 bis 1938 gebauter Sportwagen unter Verwendung von Ford-V8-Fahrgestell- und Motor-Teilen. Insgesamt sollen 1937-39 vier Sportwagen für den Straßenverkehr gebaut worden sein, sonst nur Rennwagen.

Rumänien:

In Rumänien gab es bis 1945 keine eigene Automobilindustrie.
Infolge des Diktates von Trianon 1919 kam die Stadt Arad und damit die Firma Marta von Ungarn zu Rumänien, sie stellte 1926 die ohnehin geringe Automobilproduktion ein (siehe Ungarn). Die Maschinen sollen bereits Anfang der 20erjahre demontiert und nach Kronstadt (rum.: Brasov) verfrachtet worden sein (www.budapest-gyarai), die Fabrik danach nur noch Reparaturwerkstatt gewesen sein.
Der 1922/3 vom rumänischen Ingenieur Aurel Persu konstruierte futuristische Stromlinienwagen mit Heckmotor ging nicht in Serie.
Angeblich wurden in den Dreißigerjahren Ford-LKW (in Bukarest?, ab wann?) montiert.
Die einzige nachgewiesene Produktion ist die des gepanzerten Renault UE-Schleppers für das Militär: Unter dem Namen Malaxa entstanden ab Mitte 1939 bis März 1941 insgesamt 128 Stück.

Auch ein in Reschitz im Banat (rum.: Resita) angeblich 1945 konstruierter Kleinwagen führte den Namen Malaxa: Es entstand aber nur ein Prototyp dieses äußerlich dem Panhard Dyna ähnelnden Kleinwagens mit 30PS-3Zyl.-Sternmotor (www.automobileromanesti.ro). Ob das Auto allerdings wirklich bereits 1945 entstand, wage ich zu bezweifeln: Bestimmte typologische Merkmale der Karosserie datieren es eher ans Ende der Vierzigerjahre, zumal sonst Rumänien das einzige Land der Welt gewesen wäre, das 1945 sofort einen Kleinwagen neu konstruierte – alle anderen Länder der Erde begannen nach Kriegsende zunächst, Vorkriegsmodelle neu aufzulegen. Das Auto soll später zum Nachbau in die Sowjetunion gebracht worden sein: Richtiger dürfte sein, daß im Rahmen von COMECON-Vereinbarungen ein Serienbau dieses PKW zugunsten anderer Produkte (hier wohl Lokomotiven) unterbieb.

Südafrika: Siehe Australien

Türkei:

In der Türkei gab es bis 1945 keine eigene Automobilindustrie.
Das erste Automobilwerk in der Türkei war die Firma Otosan (ab 1966), die Reliant-Automobile in Lizenz baute.