Großbritannien – Sonstige Fahrzeuge bis 1918

Allgemeine Gesamtstatistik:

Eine irgendwie geartete Schätzung oder Statistik aller in Großbritannien bis 1918 gefertigten sonstigen Fahrzeuge gibt es nicht, lediglich im Band „Statistics of the Militaey Effort of the British Empire during the Great War“ findet man ab 1916 den jeweiligen Bestand an Kraftfahrzeugen zu bestimmten Stichtagen verzeichnet, wobei wir nicht verkennen dürfen, daß hierin viele in den USA und dem sonstigen Ausland gefertigte Fahrzeuge enthalten sind: Diese Statistik ist also für die britische Kraftfahrzeug-Industrie wenig aussagekräftig.

Bei den Firmen, die sonstige Kraftfahrzeuge (Traktoren, landwirtschaftliche und sonstige Arbeitsgeräte) fertigten, ist sicher manche Firma bislang unerwähnt. Sicher unvollständig sind weiter die einzelnen Typen der jeweiligen Firmen.

Literatur: Siehe Großbritannien, Einführung. Grundsätzlich ist die Literatur zur britischen Schlepperfertigung auffallend dürftig.  F

Baldwin, Nick: A History of Farm Tractors, Warne, London 1995: Grundsätzlich mehr eine Art Bilderbuch, ist es gleichwohl eine der wenigen Publikationen auf dem Gebiet der britischen Traktorenherstellung und gibt vermittelst ausführlicher Bildunterschriften einen groben Überblick in die britische Traktorenproduktion. Neben englischen sind auch häufig gebrauchte ausländische, vor allem amerikanische Traktoren abgebildet. Technische Daten und Stückzahlen zu den einzelnen Modellen finden sich allerdings kaum. Das Buch hat keinerlei Seiten, indessen sind die Bilder durchnumeriert – soweit das Buch zitiert ist, beziehen sich die Zahlen daher auf die Nummer des jeweiligen Bildes.

Williams, Michael: Classic Farm Tractors, London 2007: Behandelt vor allem amerikanische und britische Traktoren-Marken in einem jeweils groben Überblick. Da es zu britischen Traktorfabriken kaum Literatur gibt, ist das Buch (das ansonsten mehr oder weniger überflüssig wäre) eine brauchbare Ergänzung.
Steel wheels: Bedauerlicherweise ist diese sehr brauchbare Seite 2021 vom Betreiber gelöscht worden. Sie enthielt die in Großbritannien und sonstwo gefertigten landwirtschaftlichen Maschinen und Ackerschlepper, soweit sie noch keine Gummibereifung hatten und auf die heutigen Tage überkommen sind, mit einer kurzen Firmengeschichte.
tractors & Construction plant wiki: Ebenfalls eine Seite, die sich dem britischen Traktoren- und Landmaschinenbau widmet.
Spezielle Literatur zur Geschichte einzelner Marken findet sich in der Spalte „Bemerkungen“.

Großbritannien – sonstige Kraftfahrzeuge bis 1918, Tabelle

Traktoren:

Agrimotor: Siehe Crawley

Alldays & Onions, Birmingham: Bau von Kraftfahrzeugen, ab 1917 bis 1918 (oder länger?)Bau eines Traktors in unbekannter Anzahl.

Clayton-Shuttleworth, Lincoln: Landmaschinenhersteller. Verschiedene Traktoren mit Rad- oder Raupenfahrwerk seit 1916 bis 1930. Für die brit. Armee eine schwere Raupenzugmaschine „Artillery Tractor“, 1918 insgesamt 250 Stück davon im Einsatz.

Crawley, Saffron Walden, Essex: Herstellung des Traktors „Agrimotor“: Zunächst 1913/4 3 Stück bei Garretts, Leiston, Suff. Dann Herstellung in eigener Fabrik 1914-24. Ich entnehme der Mitteilung: „About 500 where built but there are no records to sustain the accuracy of this figure“ (saffronwaldonhisory. org.uk/2013/06/22/autumn-2011), daß man die Gesamtstückzahl auf etwa 500 schätzt. Heute existieren noch 2 Exemplare mit den Chassis-Nrn.178 (1917) und 234 (1920) (vgl.www.steel-wheels.net). Ein Zenit der britischen Traktorenproduktion generell scheint das Jahr 1920 gewesen zu sein, danach ist sie  stark rückläufig (wohl wegen Sättigung des Marktes und amerikanischer Konkurrenz). Wenn man unterstellt, daß die Fahrgestellnummern des Agrimotor bei 1 begannen und kontinuierlich vergeben wurden, dann waren bis Ende 1917 ca.180 und bis 1920 ca.240 Stück produziert, und dann sind – unterstellt man ebenfalls bei Crawley sinkende Produktionszahlen- 500 Stück etwas hoch gegriffen, sodaß ich etwas niedriger schätze.

Foster-Daimler, Lincoln u. Coventry: Verschiedene Traktoren seit etwa 1910 in unbekannter Zahl. 1915-18 Bau eines Artillery Tractor (mit gleichem Motor wie der Tank Mk.I) in 97 Stück zum Ziehen schwerster Geschütze: Zum Ziehen einer 15-Zoll-Haubitze wurden 8 Traktoren benötigt.

Fowler, Leeds: Spezialist für Dampflokomobilen und Dampf-LKW. Irgendwann nach 1910 Beginn der Fertigung des Wyles Plough mit Ein- und Zweizylinder-Motor. Serienfertigung etwa 200 Stück seit 1914 (oder bereits seit 1910, und bis 1915 schon 200 Stück?), alles etwas unklar.

Garner, Birmingham: Traktor-Händler, unter dessen Namen 1918 der aus den USA stammende Galloway Traktor in Großbritannien vermarktet wurde.

Hornsby, Grantham, Lincs,: Maschinenbau. Herstellung einzelner übergroßer Zugmaschinen.

Ideal, Kingston-upon-Thames: Herstellung von Traktoren von 1910 bis 1920 in unbekannter Anzahl.

Ivel, Biggleswade, Beds.: Traktorenbau. Insgesamt 900 Stück von 1903-21 (?).

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Marshall, Gainsborough: Fertigung sehr großer Traktoren für den kanadischen Markt ab etwa 1907. Teile in Großbritannien hergestellt, Zusammenbau in Saskatoon /Kanada.

Martin’s, Stamford: Herstellung von Motorpflügen ab etwa 1915, Anzahl unbekannt.

Overtime, London: Traktor-Händler. Etwa 4.000 aus den USA 1917/8 importierte „Waterloo Boy“ wurden als „Overtime Tractor“ in Großbritannien vermarktet.

Omnitractor, London: Bau von Traktoren von 1914 bis 1921, wohl sehr wenige, die Firma wird kaum erwähnt.

Petters, Yeovil: Maschinenbau und Standmotoren. Bau von Traktoren, die aber möglicherweise Einzelstücke blieben.

Ransomes Sims, Ipswich, Suff.: Bau von Dampflokomobilen bis 1926. Daneben Traktoren, Anzahl und Produktionsdauer unbekannt.

Ruston, Lincoln: Maschinenbau und Dampflokomobilen. Daneben ein Benzintraktor, über den Näheres wie Daten, Bauzeit, Anzahl nicht bekannt ist, sowie eines in etwa 80 Stück gefertigten „Artillery Tractor; Lizenz der Caterpillar 75.

Saunderson (& Mills), Elstow, Beds.: Größter britischer Traktorhersteller vor 1919, Traktoren von 1900 bis 1924, dann zu Crossley, dessen Motoren man vorher schon eingebaut hatte. Zahlreiche Typen, deren genaue Produktionsdaten (ab wann bis wann wieviele?) unbekannt sind. erfolgreichster soll der Typ G gewesen sein, von dem u.a. das War Ministry 1917 400 Stück für die infolge Pferdemangels notleidende Landwirtschaft bestellte.

Walsh & Clark, Guiseley, Leeds: Bau eines Traktors von 1913 bis in die Zwanzigerjahre in unbekannten Stückzahlen.

Weeks (-Dungey), Maidstone: Traktor Typ Simplex (1915-18) und New Simplex (1918-25) in zusammen ca.220 Stück.

Wills, London: Lizenzfertigung des (oder nur Handel mit?) Sandusky Tractor aus den USA, vermutlich irgendwann ab 1915 bis Anfang der Zwanzigerjahre.

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Panzerwagen (Armoured Cars):

Diese entstanden, indem man üblicherweise schwere Personenwagen mit einer Panzerkarosserie versah. :

Rolls Royce Silver Ghost Armoured Car und Lancester 38 Armoured Car: 98 bzw. 36 Stück, ab März 1915 zunächst in Flandern beim Royal Naval Air Service (RNAS) für Aufklärungszwecke. Infolge des damals bereits herrschenden Stellungskrieges war allerdings ihr Einsatz nicht möglich. Sie wurden daher später dort eingesetzt, wo es weite unbesetzte Geländeabschnitte zu überwachen und tief ins Hinterland aufzuklären galt: Bei den Kämpfen in den Kolonien, im Zweistromland und in Palästina, ebenso gegen Aufständische in Indien.

Austin Armoured Car, Sheffield-Simplex Armoured Car: Export nach Rußland. Die Russen hatten im 1. Weltkrieg wohl die meisten Panzerautos (ca.600 Stück). Grundsätzlich gab es an der russischen Front, die ja immer wieder Phasen des Bewegungskrieges erlebte, für diese Autos durchaus Einsatzmöglichkeiten. Umso erstaunlicher ist der Umstand, daß ich in keiner deutschen Regimentsgeschichte einen Bericht über einen Einsatz solcher Fahrzeuge gefunden habe. Auch die veröffentlichten Photos zeigen eigentlich immer diese Autos nach 1917 im Besitz irgendwelcher Rotarmisten, die sie mit revolutionären Parolen bemalt haben. Waren diese Panzerautos wirklich nur im Heimatgebiet, bestenfalls in der Etappe eingesetzt, um die eigene Bevölkerung in Schach zu halten?

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Panzer (Tanks):

Von 1916 bis 1918 stellte Großbritannien insgesamt 1.870 Stück des Heavy Tank, Mk.I – V her, wobei bei der Auflistung gerne die 205 Stück Mk.IV Tank Tender übersehen werden. Neben der fehlenden Funkverbindung, die es häufig den Tanks unmöglich machte, ihre Operationen aufeinander abzustimmen, war der Hauptnachteil dieser Fahrzeuge die Unausgereiftheit und mechanische Anfälligkeit: Von den über 400 Tanks, die im Dezember 1917 bei Cambrai zum Angriff antraten, fiel ein Drittel bereits beim Anmarsch infolge technischer Defekte aus: Der Motor von 100 PS war damals eigentlich jenseits der für Landfahrzeuge üblichen Leistung (ca. 40-50 PS), für Flugzeuge galt Anderes, die hatten aber infolge des Fahrtwindes ganz andere Möglichkeiten der Kühlung. Und die 30 Tonnen Gefechtsgewicht waren für einen 100-PS-Motor einfach zu viel. Ähnliches galt für Antrieb, Getriebe, Lenkung, Laufwerk, Ketten:  Es gab kaum ein Teil, das nicht extrem beansprucht war und deswegen sehr rasch seinen Geist aufgab: Durchbrüche durch die Front mit anschließendem tiefen Vorstoß ins Hinterland (wie im 2. Weltkrieg) waren schon deshalb nicht möglich, weil die Panzer alle nach nur wenigen Kilometern infolge technischer Defekte liegen geblieben wären. Zum Flottmachen dieser Panzer unter Gefechtsbedingungen wurden der oben erwähnte Mk.IV Tank Tender sowie der Mk.IX Supply Tank gebaut – letzterer nichts anderes als ein riesiger Kasten für Nachschubgüter auf Ketten.

Mit dem erheblich leichteren Panzern des Typs Whippet (Medium Type A und B) hatte man die Probleme nicht in der gravierenden Weise, indessen gab es von diesen bis Kriegsende nur wenige. Als diese zum Medium Mk.C und Medium Mk.D entwickelt worden waren, war der Krieg zu Ende.

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