Kanada – LKW und Militär-Kraftfahrzeuge 1925 bis 1945

Gesamtstatistik:

Eine Gesamtstatistik der in Kanada produzierten LKW findet sich sowohl in der vom RDA jährlich herausgegebenen Bändchen „Tatsachen und Zahlen aus der Kraftverkehrswirtschaft“ wie auch im US-amrerikanischen Gegenstück „Facts and Figures“
Im hier behandelten Zeitraum waren (mit wenigen kleinen Ausnahmen) nur noch Firmen tätig, die ihren Hauptsitz außerhalb Kanadas hatten, meist in den USA. Offen bleibt zumindest in Einzelfällen, inwieweit von diesen kanadischen Zweigniederlassungen wirklich eine eigenständige Produktion  oder Lediglich Montage von außer Landes vorgefertigten Teilen geschah.

Im 2. Weltkrieg wurden die in Kanada produzierten LKW wie sonst wohl nirgendwo standardisiert: Es gab wenige im Baukastensystem untereinander austauschbare Chassis mit einheitlichen genormten Nutzlasten, in die wiederum die Motoren der jeweiligen Hersteller (im wesentlichen Ford, Chevrolet und einige Dodge) wahlweise eingebaut werden konnten. Das alles nannte sich „Canadian Military Pattern“ (CMP).
Es gab die Fahrzeuge in Nutzlastklassen: 15 cwt (0,75 to), 30 cwt (1,5 to) und 60 cwt (3 to), jeweils mit Antrieb 4 x 2 und 4 x 4, den Dreitonner auch als 6×4 und 6×6. Führerhäuser, Rahmen und Aufbauten waren so weit als möglich standardisiert und identisch, lediglich die Motoren unterschiedlich: Die Fahrzeuge von Chevrolet erhielten als Typenbezeichnung ein C, die von Dodge en D und die von Ford ein F. Sodann folgte die Nutzlastklasse in cwt. und dann ein weiterer Buchstabe: L für long (Radstand 158“), S für short (Radstand 134“) und T für Tractor (Radstand 101“), ein „F60S“ war also ein Ford mit 60 cwt = 3 Tonnen Nutzlast und kurzem (134″) Radstand.
Die Führerhäuser dieser Fahrzeuge zeichneten sich durch besonders kantige Blechverkleidungen aus: Dies war für den Ästheten zwar gewöhnungsbedürftig und aerodynamisch nachteilig, ermöglichte aber einfache Herstellungsverfahren und damit hohe Stückzahlen.Von diesen Fahrzeugen wurden von 1939 bis 1945 insgesamt 815.729 Stück hergestellt (doppelt so viele LKW wie in der gleichen Zeit im Deutschen Reich), davon 1941 insgesamt 189.178 Stück und 1942 insgesamt 199.542 Stück, in den übrigen Jahren mußte ich sie wie angegeben schätzen.
Sofern auch im Krieg eine Differenz zwischen den rechnerisch gefertigten und den Militärfahrzeugen vorliegt, ist darauf hinzuweisen, daß im Krieg auch in Kanada ein großer Teil der LKW-Fertigung (zwischen 25 und 50%) für den zivilen Bedarf  reserviert blieb.
Wie der Vergleich zwischen statistisch erfaßter und errechneter Gesamtproduktion zeigt, wurden von den zahlenmäßig nicht erfaßten Firmen ebenfalls respektable Mengen an LKW produziert.

 Literatur: Siehe Kanada, Einführung. Spezielle Literatur zur Geschichte einzelner Marken findet sich in der Spalte „Bemerkungen“.

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle

Einzelne Marken:

Bezüglich der einzelnen Automobilmarken ist die Tabelle ein Torso: Es fehlt überall eine vollständige Liste der gefertigten Typen und bei den kleineren Firmen auch die Gesamtzahl der jährlich gefertigten Fahrzeuge.

Bickle, Winnipeg, Man.: Produktion von Feuerwehrfahrzeugen von 1906 bis 1958 in unbekannter Anzahl.

Bombardier, Valcourt, Quebec: Waggonbau. Ab 1935 Bau eines „Snowmobile“ genannten Spezialfahrzeuges für Durchquerung verschneiten Geländes mit Ford-V8-Motor, möglicherweise auch noch weiterer Nutzfahrzeuge in unbekannter Zahl.

Chevrolet, Oshawa, Ont.: Mir liegen zwei Statistiken zur Gesamtproduktion, beide von www. uniquecarsandparts.com vor: Die eine beginnt 1931 und damit etwa zu der Zeit, als Chevrolet begann, in Kanada LKW zu fertigen, dürfte also die LKW-Produktion in Kanada (ob als Kalenderjahres- oder als Modelljahresproduktion, bleibt offen) darstellen.

Die zweite Statistik beginnt bereits 1919, als Chevrolet in Kanada noch überhaupt keine LKW fertigte. Sie ist von 1919 bis 1926 mit der Zahl der in den USA gefertigten Chevrolet-LKW identisch, nennt indessen für 1927 bis 1930 völlig andere und für die USA völlig unpassende Zahlen als Gesamtsumme, und ab 1931 ist sie identisch mit der kanadischen Produktion. Sie ist hier der Vollständigkeit halber aufgeführt, auch, um zu zeigen, mit welchen Kuriositäten der Historiker sich zu beschäftigen hat, und zuletzt in der Hoffnung, daß vielleicht irgendwann ein Leser Licht ins Dunkel bringt.

Zu den einzelnen Modellen von Chevrolet habe ich leider keinerlei Produktionszahlen.

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle

Dodge, Windsor, Ont.: Herstellung von Lastkraftwagen ab 1925, Chassisnummern überliefert, anhand dieser (falls sie innerhalb der jeweil. Serie fortlaufend vergeben wurden) Bestimmung der Jahresproduktion möglich. Offen bleibt, inwieweit es sich um Kalender- oder Modelljahr-Produktion handelt, und wann Modelljahre anfingen und endeten.

Fargo, Windsor, Ont.: Gehörte zum Chrysler-Konzern, Herstellung von Lastkraftwagen ab 1936, Chassisnummern überliefert, anhand dieser (falls sie innerhalb der jeweil. Serie fortlaufend vergeben wurden) Bestimmung der Jahresproduktion möglich. Offen bleibt, inwieweit es sich um Kalender- oder Modelljahr-Produktion handelt, und wann Modelljahre anfingen und endeten.

Flyer, Winnipeg, Man.: Herstellung von Omnibussen ab 1930 in unbekannter Stückzahl, vermutlich nur Karosserien und möglicherweise Chassis, der Rest (Motoren, Getriebe, Antrieb, Achsen) wahrscheinlich von anderen Firmen geliefert.

Ford, Walkerville, Toronto, Winnipeg, Montreal: LKW-Produktion (in Form von leichten LKW auf Fahrgestell des Ford T) seit 1912. Unangefochten Kanadas größter LKW-Bauer der Zwischenkriegszeit, im Schnitt stammen etwa 50% aller bis 1945 in Kanada gebauten LKW von Ford. Die Zahlen entstammen Wagner, Ford Trucks since 1905, für 1941 und 1944 sind sie von mir durch Interpolation geschätzt.

Gotfredson, Walkerville, Ont.: Produktion von Lastkraftwagen in allen Nutzlastklassen und Bussen, auch mit Spezialaufbauten wie Feuerwehrfahrzeugen, von 1920 bis 1932 in unbekannter Anzahl, als Maximum werden für 1926 und 1927 jeweils fast 400/Jahr genannt. Ende der Zwanzigerjahre sollen es 2.000 im Jahr gewesen sein – hier dürften wohl allerdings die in Detroit (USA) produzierten mit eingeschlossen sein.

GMC: LKW-Produktion seit 1922, Lizenzbau US-amerikanischer Modelle. Unter GMC wurden immer die schwereren LKW vermarktet, die leichteren unter der Marke des PKW, von dem sie abgeleitet waren (meist Chevrolet). Die Zahlen zur Jahresproduktion entstammen www.uniquecarsandparts.com und sind dort als Zahlen der US-amerikanischen Produktion betitelt, was aber nicht stimmen kann. Für Kanada wären sie sowohl hinsichtlich des Produktionszeitraumes wie auch hinsichtlich der Menge schlüssig, ich habe daher eine Verwechslung unterstellt und glaube, daß es sich um die kanadische Gesamtproduktion handelt.

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle

Harmer Knowles, Toronto, Ont.: Herstellung von Lastkraftwagen 1932 in unbekannter Stückzahl, vielleicht nur ein Einzelstück.

Hayes, Vancouver, B.C.: Herstellung von LKW in allen Nutzlastklassen (1,5 bis 15 to) seit 1928, Verwendung von Fremdmotoren amerikanischen (Hercules, Continental) oder britischen (Leyland) Modells. „In den Dreißigerjahren“, also vermutlich ab 1933 nach Ende der Wirtschaftskrise, sollen jährlich etwa 100 Stück gefertigt worden sein. Für die Zeit davor und danach habe ich keine Zahlenangaben geschweige denn eine Auflistung der einzelnen Typen.

I.H.C,,Chatham, Ont.: Fertigung der Modelle der gleichnamigen US-Firma auch in Kanada seit 1922, unklar, ob und in welchem Umfang eigenständige Produktion oder nur Montage. Die Zahlen zur Jahresproduktion sind dem Werk von Chrismon entnommen. Wo solche fehlten, habe ich sie geschätzt, wobei ich von einer Produktionsentwicklung analog zu GMC ausgegangen bin.

­Leyland, Toronto, Montreal: Fertigung von Lastkraftwagen und Bussen seit 1920 bis 1958, Bau der britischen Typen in unbekannter Zahl. Inwieweit es sich um Lizenzbau oder nur um Montage handelte, konnte ich aufgrund der bislang benutzten Quellen nicht klären.

Maple Leaf, Oshawa: Fertigung von Lastkraftwagen von 1930 bis 1948 in unbekannter Zahl, die Marke verwendete für leichtere LKW Chevrolet- und für schwerere Fahrzeuge GMC-Motoren.

Sicard, Ste.Therese, Que.: Fertigung von Schneefräsen seit 1927, von sonstigen Kommunalfahrzeugen wie Müllwagen ab 1938 bis 1968 in unbekannter Zahl.

Sunnyside, Calgary, Alta.:: Herstellung von Fernbussen („Highway Coach“)von 1940 bis 1945 in unbekannter Stückzahl.

Thibault, Pierceville, Que.: Herstellung von Feuerwehren seit 1938 in unbekannter Stückzahl.

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle

Militärfahrzeuge:       

Kanada spielte bei der Vorbereitung des 2.Weltkrieges für die Engländer eine große Rolle, ab 1936/7 wurde die kanadische Industrie in die britischen Rüstungsvorbereitungen mit einbezogen. Nach Churchills Plänen sollte für den Fall, daß es deutschen Truppen gelänge, England zu erobern, der Krieg von Kanada aus fortgesetzt werden. Allerdings konnte  die kanadische Industrie im wesentlichen nur ungepanzerte Radfahrzeuge liefern, daneben gab es allerdings auch Militärfahrzeuge im engeren Sinn: Insgesamt sollen nach Vanderveen 50.663 gepanzerte Fahrzeuge in Kanada im 2. Weltkrieg produziert worden sein, davon 10.054 Radfahrzeuge. 1942 wurden  12.987 Stück gebaut, für die übrigen Jahre mußte ich schätzen. Bei der Addition der für die einzelnen Typen genannten Stückzahlen ergab sich eine Differenz von 34 Stück, also eine vernachlässigenswerte Zahl.

Gepanzerte Radfahrzeuge:

Lynx: Panzerspähwagen: Er war eine Kopie des britischen Daimler Scout Car, allerdings mit Ford-Motor. Es gab ihn in zwei Varianten (Lynx I und Lynx II) 1940-44 (oder 1945?) gefertigt, insgesamt 1.603 Mk.I + 2.185 Mk.II = 3.788 Stück, nach anderer Quelle insgesamt 3.255 Stück. Ich habe mich für letztere Zahl entschieden (s.u.), vielleicht enthielten die 3.788 Stück am Ende des Krieges stornierte Bestellungen.
Otter: Kanadische Eigenentwicklung. Nicht sehr phantasievoll überpanzertes 4×4-Fahrgestell von GMC, 1.761 Stück, produziert entweder 1942 oder 1942-43.
Fox: Kanadische Variante des Humber Armoured Car mit Motor von GM.: Etwa 200 Stück, produziert 1942.
A.P. Truck: Vierradgetriebener Mannschaftstransportwagen mit GMC-Motor,  4.838 Stück, produziert 1943-44.

Carrier:
Universal Carrier Mk.I: 29.363 oder 28.988 Stück, produziert 2.41 bis 1.45. Ich habe mich für letztere Zahl als wahrscheinlicher entschieden, weil sie plus die 5.000 Windsor-Carrier (s.u.) genau die 33.987 Stück ergibt, die insgesamt produziert worden sein sollen.
Universal Carrier Mk.III: 1.402 Stück, produziert ab Ende 1943.
Mortar Carrier und Tank Hunter Carrier: 1.337 bzw. 100 Stück, wahrscheinlich in Carrier Mk.I enthalten (sonst ginge die Gesamtrechnung nicht auf).
Windsor Carrier: 5.000 Stück 1944-45, nach anderer Quelle ab 1943, unterschied sich vom Bren Carrier durch ein weiteres Laufrad.

Sonstige Kettenfahrzeuge:
Armoured Snowmobile: 415 Stück + 1 Prototyp, gefertigt im wesentlichen 1944.
Jeep Tracked bzw. Tank: Gebaut nicht in Kanada, sondern in den USA von Marmon-Herrington 1943-4 in kanadischem Auftrag: 5 Mk.I, 6 Mk.II

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle

Kampfpanzer und Selbstfahrlafetten:
Valentine: Britisches Lizenz-Modell, 1.420 Stück ab Ende 1941, 1.390 davon und damit fast alle gingen in die Sowjetunion (Lend-Lease).
Ram: Kanadische Entwicklung auf Basis des amerikanischen M-3 Grant,  1.094 Stück von 1942 bis 1943.
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Schützenpanzer Ram Kanguroo (Umbau) / IWM

Grizzly: 188 Stück 1943, praktisch identisch mit dem amerikanischen M4A1 Sherman. Die Produktion wurde zugunsten der Selbstfahrlafette Sexton (s.u.) aufgegeben, als absehbar war, daß den Alliierten genügend Sherman aus amerikanischer Produktion zur Verfügung stehen würden.
Sexton: Fahrwerk des Grizzly als Selbstfahrlafette für das 25-Pounder Feldgeschütz, 2.150 Stück 1943 bis 1945.

Alle diese gepanzerten Fahrzeuge ergeben zusammen ziemlich genau die bei Vanderveen erwähnten 50.663 Stück, die Differenz von 34 Stück mögen Fahrzeuge sein, die erst nach Kriegsende abgenommen wurden o.ä.

Kanada, LKW und Militärfahrzeuge 1925 bis 1945, Tabelle